Ich stehe in der Kirche von San Juan Chamula. Der Fußboden ist mit Piniennadeln bedeckt. Der Duft von Weihrauch liegt in der Luft. Dazu mischt sich der Wachsgeruch der unzähligen Kerzen. Es sind bestimmt tausende Flammen, die das Kirchenschiff erhellen. Kirchenbänke fehlen komplett.
Kleine Gruppen von Menschen sitzen am Fußboden, Familien mit Kindern, aber auch einzelne Personen. Vor Ihnen werden dünne Kerzen in verschiedenen Farben aufgereiht und angezündet. Bei jeder Menschengruppe sitzt ein Schamane, der für das Ritual zuständig ist.
Die Kirche ist ein Ort, wo die indigenen Maya Heilung von Krankheiten suchen. Ein Schamane hält ein Huhn in der Hand und kreist damit um einen „Patienten“. Überall höre ich das Gemurmel der Schamanen, welche die Geister aus den Körpern austreiben. Der krankmachende Geist wird auf das Huhn übertragen. Am Ende des Rituals wird dem Huhn mit einem kräftigen Zug das Genick gebrochen. Eine sehr mystische Stimmung herrscht in der Kirche.
Wobei Kirche? Einen katholischen Priester sucht man hier vergebens. Die Mayas haben zwar Elemente des Christentums übernommen, leben aber noch ihren alten Glauben. Fotografieren ist verboten, und das finde ich gut so. Fotografierende Touristen würden die Menschen stören. Ich stelle mir gerade vor wie eine chinesische Reisegruppe in Wien in ein Krankenhaus kommt und in den Behandlungsräumen fotografiert, das geht gar nicht.
Mit diesen Eindrücken komme ich nach rund einer halben Stunde aus der Kirche von San Jan Chamula. Auf dem Hauptplatz davor findet heute ein Markt statt. Hier lebt fast ausschließlich die indigene Maya Bevölkerung. Alle Frauen tragen schwarze Röcke aus Schaffell und haben ein buntes Oberteil. Männer tragen das schwarze Fell über den Oberkörper. Die Durchschnittsgröße der Mayas schätze ich auf 140 cm, ich komme mir wie ein Riese vor.
Das Angebot auf dem Markt ist reichlich. Obst, Gemüse, Wolle, Kleidung und vieles mehr wird hier angeboten. Ich setze mich an den Rand des Marktplatzes und beobachte das Treiben an den Marktständen.