Zehn Touristen und ein Guide starten mit Taschenlampen in den Händen in die Nacht. Vor mir liegt der Nebelwald von Monteverde. Wir marschieren los. Wo soll ich hinleuchten? Auf den Boden um nicht zu stolpern und auf ein nachtaktives Tier zu treten? Auf die Sträucher links und rechts des Weges, um kleine Tiere zu entdecken? Rauf auf die hohen Bäume, vielleicht sehe ich ein Faultier? Meine Night Tour beginnt spannend.
Während ich noch vorsichtig meinen Weg ausleuchte, zeigt unser Guide Jason schon mit seiner Taschenlampe auf einen Ast in rund zwei Meter Höhe. Ich erkenne vorerst nichts. Doch plötzlich bewegt sich das Moos vor mir. Unglaublich wie gut getarnt dieses Insekt ist.
Weiter geht es mit unseren Entdeckungen. Einige Meter weiter sitzt ein Frosch, vielleicht 2-3 cm groß, auf einem Blatt. Er lässt sich durch die Taschenlampen nicht beirren und denkt sich vielleicht, was sind das bloß für komisch große Glühwürmchen?
Viele kleine und größere Spinnen und Käfer laufen durch die dunkle Nacht. Wenn die Taschenlampen aus sind, ist es stockdunkel. Jedes Rascheln könnte ein interessantes Tier sein. Zwei Stunden sind wir jetzt hier, was werde ich noch vor die Linse bekommen?
Jason stoppt vor einem 8-10 cm großem Loch in der schrägen Erdwand am Wegrand. Ich gehe mit meiner Kamera in die Hocke und zoome auf das Loch. Im Taschenlampenlicht kommt plötzlich eine handtellergroße Tarantel heraus. Ich erschrecke, denn durch mein Objekt scheint mir die Spinne ganz nah und riesig. Ich bin kein großer Freund von Spinnen. In der freien Natur mit einem gewissen Abstand sind sie ok, in geschlossenen Räumen mag ich sie gar nicht. Mit gemischten Gefühlen betrachte ich das Tier. Eigentlich wunderschön, aber doch läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken. Nach einer kurzen Vorstellung verschwindet die Tarantel wieder rückwärts in ihr zuhause. Ich bin begeistert, erstmals habe ich eine Tarantel in freier Natur gesehen.
Jetzt schleichen wir etwas abseits vom Weg ein paar Meter durchs Gebüsch. Im Licht der Taschenlampe ist eine grüne Schlange erkennbar. Der Kopf ist dreieckig, es ist eine Viper, und die sind immer giftig. Die Schlange bewegt sich kaum und starrt minutenlang auf den Boden, wahrscheinlich wartet sie auf eine Maus oder eine andere Beute. Hoffentlich auf neugierige Touristen. Mein Herz klopft. Nur wenige Meter trennen mich von der „Grüngelben Palmlanzenotter“, die zur Familie der Vipern gehört. Beißt sie ins Gesicht oder in den menschlichen Oberkörper, muss sehr rasch ein Antiserum gespritzt werden, ansonsten endet der Biss tödlich.
Skorpione sind ausschließlich nachtaktive Tiere. Jason geht mit einer Schwarzlicht-Lampe auf die Suche. Skorpione sind fluoreszierend und sind in dem Licht dieser speziellen Lampe gut aufzuspüren. Es dauert nicht lange, dann ruft er uns zu sich. Das nur etwa 5 cm lange Exemplar liegt wie tot auf einem Baumstamm. An wie vielen Skorpionen, Spinnen und Schlangen bin ich die letzten 90 Minuten knapp vorbei geschlichen?
Etwas größer ist die Stabheuschrecke, die auf einem dünnen Ast hängt. Ich sehe noch schlafende Vögel, Frösche und viele weitere Spinnen und Insekten. Aufgeregt kehre ich nach zwei Stunden zum Ausgangspunkt zurück. Ein Night Tour im Regenwald darf bei keiner Costa Rica Reise fehlen.