Reisedoktor

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Franz Roitner

Schamanenheilung in der Kirche von San Juan Chamula

Ich stehe in der Kirche von San Juan Chamula. Der Fußboden ist mit Piniennadeln bedeckt. Der Duft von Weihrauch liegt in der Luft. Dazu mischt sich der Wachsgeruch der unzähligen Kerzen. Es sind bestimmt tausende Flammen, die das Kirchenschiff erhellen. Kirchenbänke fehlen komplett.

Kleine Gruppen von Menschen sitzen am Fußboden, Familien mit Kindern, aber auch einzelne Personen. Vor Ihnen werden dünne Kerzen in verschiedenen Farben aufgereiht und angezündet. Bei jeder Menschengruppe sitzt ein Schamane, der für das Ritual zuständig ist.

San Juan Chamula

Die Kirche ist ein Ort, wo die indigenen Maya Heilung von Krankheiten suchen. Ein Schamane hält ein Huhn in der Hand und kreist damit um einen „Patienten“. Überall höre ich das Gemurmel der Schamanen, welche die Geister aus den Körpern austreiben. Der krankmachende Geist wird  auf das Huhn übertragen. Am Ende des Rituals wird dem Huhn mit einem kräftigen Zug das Genick gebrochen. Eine sehr  mystische Stimmung herrscht in der Kirche.

Wobei Kirche? Einen katholischen Priester sucht man hier vergebens. Die Mayas haben zwar Elemente des Christentums übernommen, leben aber noch ihren alten Glauben. Fotografieren ist verboten, und das finde ich gut so. Fotografierende Touristen würden die Menschen stören. Ich stelle mir gerade vor wie eine chinesische Reisegruppe in Wien in ein Krankenhaus kommt und in den Behandlungsräumen fotografiert, das geht gar nicht.

San Juan Chamula in Mexiko Mayas in Mexiko

Mit diesen Eindrücken komme ich nach rund einer halben Stunde aus der Kirche von San Jan Chamula. Auf dem Hauptplatz davor findet heute ein  Markt statt. Hier lebt fast ausschließlich die indigene Maya Bevölkerung. Alle Frauen tragen schwarze Röcke aus Schaffell und haben ein buntes Oberteil. Männer tragen das schwarze Fell über den Oberkörper. Die Durchschnittsgröße der Mayas schätze ich auf 140 cm, ich komme mir wie ein Riese vor.

Maya Bevölkerung in Mexiko

Das Angebot auf dem Markt ist reichlich. Obst, Gemüse, Wolle, Kleidung und vieles mehr wird hier angeboten. Ich setze mich an den Rand des Marktplatzes und beobachte das Treiben an den Marktständen.

Markt in San Juan San Juan Markt

Bootsfahrt durch den Sumidero Canyon

Direkt neben der Einstiegsstelle zum Boot hängen hunderte rote Schwimmwesten. Ich suche mir eine passende aus und warte bis sich genügend Passagiere für die nächste Abfahrt gesammelt haben. Es hat über 30°C und die Luftfeuchtigkeit ist hoch. Mit der Schwimmweste ist es kaum auszuhalten.

Canón del Sumidero

Endlich geht es los. Der Fahrtwind macht den Aufenthalt auf dem Schnellboot angenehm. Meinen Sonnenhut klemme ich zwischen die Knie, ansonsten hätte ihn der Wind schon davon getragen. Nach ein paar Fahrminuten stoppt das Boot. Am Ufer sehe ich Kormorane, die ihre Flügel zum Trocknen ausbreiten, daneben stehen weiße Reiher. Pelikane sitzen weiter oben auf den Ästen oder kreisen über das Wasser.

Pelikan im Sumidero Canyon Kormoran in Mexiko

Die Fahrt führt tiefer in den Sumidero Canyon hinein. Die Felsen steigen links und rechts bis zu tausend Meter fast senkrecht empor. Die Regenzeit ist  zu Ende, aber einige Wasserfälle führen noch etwas Wasser.

Sumidero Canyon

Der Bootsführer stoppt wieder und steuert ans Ufer, nach einigen Augenblicken erkenne ich auch den Grund. Drei große Krokodile und ein kleineres sonnen sich am Ufer. Gut getarnt und ganz harmlos liegen sie wie erstarrt auf der braunen Erde.

Bootsfahrt Sumidero Canyon Krokodil in Mexiko

Nach rund einer Stunde Fahrzeit und ein paar Fotostopps erreichen wir nach 21 Kilometer die Staumauer. Wir befinden uns nämlich auf dem größten Stausee und beim größten Wasserkraftwerk von Mexiko. Unter uns, tief im Wasser, befand sich früher ein Dorf. Heute liefert dieser Ort rund 11% des mexikanischen Strombedarfes. Wir flitzen nun wieder zurück zum Startpunkt. Gerne wäre ich hier etwas gemütlicher über das Wasser geschippert und hätte die Natur in Ruhe genossen. Dieser  Canyon ist echt beeindruckend.

Boot im Sumidero Canyon Stausee in Mexiko

Mitla – ein weiteres Zentrum der Zapotekenkultur

Gestern bestaunte ich die alte Zapotekenstadt Monte Albán, die rund um 750 n. Chr. verlassen wurde. Mitla wurde als neues Machtzentrum der Zapoteken erkoren. Ich stehe vor dem „Palast der Säulen“, einem der wenigen Bauwerke, das die Jahrhunderte überstanden hat.

Mitla in Mexiko

Sofort fallen mir die schönen Steinverzierungen an den Palastwänden auf. Kleine Steinteile wurden aufeinandergeschichtet, kunstvolle Mosaike entstanden, die sich wie Bänder um die Mauern schlingen. Unser Guide Adrian erzählt uns Hypothesen über die mögliche Bedeutung der Muster. Ich mache mir meine eigene Theorie und denke mir, die Gestalter hatten einfach Sinn für Ästhetik und freuten sich an schönen Mustern.

Mitla Wandverzierungen Mitla Mosaik

In Mitla gibt es zwei Grabstätten zum Besichtigen. Ein paar Stufen geht es hinunter, dann krieche ich in gebückter Haltung durch den sehr niedrigen Gang. Mit jedem Schritt steigt die Luftfeuchtigkeit im engen Gang an. Endlich bin ich am Ende bei der Grabkammer angelangt. Es ist heiß und die Luftfeuchtigkeit erinnert an ein Dampfbad. Aber meine Mühen haben sich gelohnt. Die Grabanlage ist kreuzförmig angelegt und die schön behauenen Steinblöcke sind Zeuge davon, dass hier Menschen der obersten Schicht begraben wurden.

Mitla Grabkammer Mitla Kirche