Reisedoktor

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Franz Roitner

Eine Nacht am Ögii Nuur See

Der Wind weht kalt am Ögii Nuur See. Geplant ist für heute eine Nacht im Zelt, direkt am Ufer. Den ganzen Tag über hat es leider immer wieder geregnet. Kälte und Nässe sind keine guten Bedingungen zum Zelten. Ona kennt eine Nomadenfamilie am See. Wir kommen auf einen Kurzbesuch vorbei und werden gleich in die Jurte eingeladen.

Ögij Nuur See

Traditionell wird gleich Milchtee aufgekocht. In die große Wok-ähnliche Pfanne kommt frische Kuhmilch, Teeblätter und Salz. Diese Mischung wird kurz aufgekocht, in eine Schale gegossen und uns gereicht. Aufgrund des Wetters werden wir eingeladen, die Nacht hier zu verbringen. Die Schwiegertochter der Besitzer knetet und rollt einen Teig. Das werden die Nudeln für das Abendessen. Getrocknetes Rindfleisch wird geklopft und zubereitet.

Mongolische Familie Jurtenzelt

Die Familie zieht sich nach dem Essen in die Holzhütte zurück, die direkt neben der Jurte steht. Ich habe sozusagen das ganze Haus der mir völlig unbekannten Familie für mich allein. Bei uns zuhause wäre das undenkbar, dass man einem völlig Fremden den Wohnungsschlüssel überlässt.

Küche in der Mongolei Ofen im Jurtenzelt

Am nächsten Morgen besuchen wir die Eltern der Schwiegertochter in deren Jurte. Die Mutter melkt gerade die Kühe, während der Vater mit meinem Fahrer im Gras sitzt und plaudert. Das neue Zeitalter erreicht auch die Nomaden in der Mongolei, das Handy ist stets griffbereit und ein Solarpaneel lädt die Batterie um Sat-TV zu sehen.

Jurte in der Mongolei Kühe in der Mongolei

Während ich mit zwei jungen Ziegen spiele, die meine Fotokamera anknabbern wollen, kommt der Enkel mit einem schönen schwarzen Pferd von einem zweistündigen Ausritt zurück. Er trainiert das Pferd für das Nadaam Fest im Juli, wo im ganzen Land Pferdrennen stattfinden.

Ziege in der Mongolei Rennpferd Mongolei

Auf dem Markt von Bulgan und am Uran Togoo Vulkan

Mittags stoppen wir in der drittgrößten Stadt der Mongolei, in Erdenet. Auf dem Markt gibt es viele Stände mit Jeans, Schuhen aber auch handgenähter Kleidung. Aber man kann sich hier auch ganze Jurten (Nomadenzelte) kaufen.

Markt in Bulgan Markt in der Mongolei

Im kleinen Imbiss verkoste ich frittierte Teigtaschen mit Lammfleischfüllung. Es schmeckt wirklich ausgezeichnet,  trotzdem nehme  ich  sicherheitshalber danach einen Schluck von meinem mitgebrachten Whiskey. Magenverstimmungen sollen bei westlichen Touristen sehr häufig sein, da beuge ich gerne mal vor.

Imbiss in der Mongolei Mittagessen in der Mongolei

Nach kurzer Weiterfahrt besteige ich den Vulkankegel von Uran Togoo. Dabei komme ich dicht an einem Adlerhorst vorbei, wo gerade vor wenigen Tagen (oder Stunden) ein junger Adler aus dem Ei geschlüpft ist.
Ein Adler zieht in kreisförmigen Bahnen über mir in der Luft und bewacht das Nest.

Uran Togoo Vulkan, Mongolei Adlerhorst in der Mongolei

Verschiedenste Blumenarten schmücken die ansonsten eintönige Umgebung.

Blumen in der Mongolei Mongolei - Blumen

Die heutige Nacht verbringe ich einem Gercamp, einer Art Campingplatz mit fix errichteten, traditionellen Jurten. Ein kleiner Ofen steht in der Mitte, die drei Betten drumherum, es ein stimmiges Ambiente. Geheizt wird mit getrockneten Kuhfladen. In kurzer Zeit ist es in dem niedrigen Raum kuschelwarm.

Gercamp Mongolei Feuer in der Jurte, Mongolei

Das Kloster Amarbayasgalant in der Mongolei

Um 6 Uhr früh krieche ich aus meinem Zelt. Ziemlich kalt war es heute Nacht,  mein Thermometer zeigt mir 5 Grad Celsius. Mich umgibt eine Stille, richtige Stille, man hört keine Nebengeräusche, keine Autos, rein gar nichts. Ein Herde Pferde zieht vorbei.

Camping in der Mongolei

Laut Statistik besitzt jeder Mongole ein Pferd, das sind bei rund 3 Millionen Einwohner 3 Millionen Pferde. Alle Tiere sind mit einem Brandzeichen versehen und gehören einer Familie, aber sie laufen völlig frei herum. Wäre ich ein Pferdeliebhaber, dann wäre ich in der Mongolei genau richtig. Hier ist ein Paradies für Reiter, ich bin es leider oder noch nicht. Der Eindruck der freilaufenden Pferde ist aber fantastisch und der Zeltplatz könnte nicht schöner gelegen sein.

Pferde in der Mongolei

Um 9 Uhr sperrt das Kloster Amarbayasgalant laut Reiseführer auf. Das Tor ist auch tatsächlich offen. Ich spaziere zwischen den alten Gebäuden umher, keine Menschenseele, kein Tourist, kein Mönch ist zu sehen. Die Gebäude sind stark von vielen Vögeln verschmutzt, die unter den Dachbalken sitzen und brüten. Das Holz benötigt dringend einen neuen Anstrich. Das Kloster ist nicht für westliche Touristen auf Hochglanz poliert.  Ich fühle mich sehr wohl hier, Amarbayasgalant wirkt echt und authentisch.

Amarbayasgalant Mongolei Amarbayasgalant

Mein Guide Ona hat in der Zwischenzeit einen Novizen sprichwörtlich aufgeweckt. Er sperrt uns ein paar Gebäude zur Besichtigung auf. In seinem „Manchester United“ Jogginganzug passt er so gar nicht in das Bild eines künftigen, würdigen Mönches. Er gähnt und spuckt unentwegt auf den Boden.

Novize in der Mongolei Kloster in der Mongolei

Am Ende des Besuches verjagen wir gemeinsam noch Rinder aus der Klosteranlage. Das war ein unvergesslicher Klosterbesuch.

Amarbayasgalant Holzdecke Kloster Amarbayasgalant