Reisedoktor

Reisedoktor

Franz Roitner

Schottland: Auf der Route 500 im Norden Schottlands

Der morgentliche Blick aus meinem Wohnmobil ist traumhaft. Ich parke direkt auf einer Brücke über einen tief ins Land führenden Meeresarm. In der Ferne ragt der der Berg Ben Hope empor. Ein Platz zum Träumen und zum Bleiben. Mit meinem roten Plastikhäferl mit heißen Earl Grey in der linken und ein paar Schokokekse in der rechten Hand starre ich auf das spiegelnde Wasser.

Ben Hope - Stellplatz am Wasser

Weiter geht es auf der Route 500 entlang der schottischen Nordküste. Große Straßenabschnitte sind nur einspurig befahrbar. Abwechselnd befinden sich links und rechts etwa alle hundert Meter eine Ausweichstelle, die als „Passing Point“ mit einem Schild gekennzeichnet sind. Es entsteht ein regelrechter Wettbewerb, wer früher dem entgegenkommenden Auto oder Wohnmobil ausweicht. Mit einem kurzen Handgruß bedankt man sich beim Wartenden. Die Stimmung auf der Straße ist sehr entspannt und freundlich.

Straße Route 500 in Schottland Straße in Schottland

Immer wieder tauchen menschenleere Buchten mit zauberhaften Sandstränden auf.

Nordküste von Schottland
Route 500 in Schottland

 

Kurz vor Ardvreck Castle, etwas neben der Straße, ist rechts ein kleiner Parkplatz. Es dauert ein paar Minuten bis ich das Wohnmobil so abgestellt habe, bis mein Bett schön in der Waagrechten ist. Wasserwaage habe ich keine mit, aber eine fünf Liter Wasserflasche erfüllt den gleichen Zweck.

Camping Ardvreck Castle

Durch die Windschutzscheibe habe ich vom Wohnzimmer aus die alte Burg in Sichtweite. Das Ardvreck Castle ist keine großartige Burg, es besteht eigentlich nur mehr aus ein paar alten Mauern. Diese fügen sich gut in die karge grün-braune Landschaft. Ich bleibe der Einzige, der heute hier übernachtet. Die meisten Wohnmobilfahrer steuern am Abend lieber einen Campingplatz an. Sehr gut, so habe ich den Platz für mich alleine.

Ardvreck Castle

Schottland: Die Stacks of Duncansby

Das helle Morgenlicht scheint heute bereits durch meine Dachluke. Mein Rücken schmerzt wieder einmal von der Nacht auf der Nichtmatratze. Wenigstens ist der starke Wind vorbei. In der Nacht habe ich lange überlegt ab welcher Windgeschwindigkeit so ein Wohnmobil umfällt. Hier wäre es doppelt blöd. Nicht weit vom Parkplatz gehen die Klippen steil abwärts in die kalte Nordsee.

Wohnmobil in Irland Leuchtturm in Irland

Meine subjektive Wahrnehmung war sicher stärker als die tatsächliche Windstärke. Gut, jetzt ist alles vorbei, ich steige aus dem Fahrzeug. Die Morgensonne zeigt ihr freundlichstes Gesicht. Der starke Wind bläst mir um die Ohren, mache mich trotzdem zu Fuß auf den Weg zu den Stacks of Duncansby.

Duncansby in Irland

In der engen tiefen Schlucht linkerhand nisten ein paar Möwen. Die brütenden Weibchen haben Hunger. Die Männchen segeln mit der Beute zu deren Liebsten und reichen die Beute von Schnabel zu Schnabel.

Irland Möwen

Ich sehe nun schon aus der Ferne die alleinstehenden Felsnadeln aus dem Meer emporragen. Ich denke an die 12 Aposteln auf der Great Ocean Road in Australien. Dort war ich auch noch nicht, ja nicht einmal ein Puzzle hatte ich davon. Ein Bild davon sollte aber jeder Reiseinteressierte bei dem Namen vor Augen haben.

Stacks of Duncansby

Ein paar Möwen kreisen am Himmel, ein paar fette Schafe grasen hinter mir, ansonsten bin ich ganz alleine. Ich lausche den Geräuschen in meiner Umgebung. Das ferne Rauschen der Wellen wird nur durch den Klang des Windes überdeckt. Ich drehe mich um, zwei Regenbogen wünschen mir einen guten Morgen. Dieser Tag kann kein schlechter werden.

Irland Regenbogen Steilklippe in Irland

Schottland: Dunrobin Castle und schottischer Whisky

Schottischer Whisky ist mein ständiger und treuer Reisebegleiter auf allen Erdteilen der Welt. Ist das Essen mal ein wenig zu fett oder misstraue ich der Reinlichkeit in der Küche, dann sage ich mir immer: Vorbeugen ist besser als Heilen. Schon die Eierspeise am Morgen könnte Schuld für eine Magen-Darm-Verstimmung sein. Lieber einen Schluck zu viel als zu wenig, ich will mir ja meine Reise nicht verderben.

Glenmorangie Whisky

Wenn ich selbst am Steuer sitze, dann bleibt meine Reiseapotheke bis am Abend geschlossen. Mein Reisewhisky ist Talisker. Der schmeckt dann abends doppelt so gut. Diese Destillerie steht auch noch auf meinen Reise-Plan durch Schottland. Eigentlich ist das der einzige Fixpunkt meiner Tour.

Glenmorangie Destillerie Glenmorangie Besichtigung

Heute besuche ich die Glenmorangie Destillerie. Sie liegt an meinen Weg nach Norden. Ich mache eine geführte Tour durch die Brennerei. Eindrucksvoll liegen mit dem flüssigen Gold gefüllte Eichenfässer im Lager und verharren hier zehn Jahre bis zum Abfüllung. Leider ist während der Tour fotografieren verboten. Verboten bleibt für mich auch die Whisky-Verkostung. Ich fahre selbst mit dem Wohnmobil durch Schottland. Ich benetze nur meinen Gaumen mit einem Glenmorangie, was zuwenig ist, um ein Urteil zu fällen.

Whisky Brennerei Schottland Glenmorangie

Majestätisch überblickt das Dunrobin Castle seinen großzügig angelegten Garten direkt am Meer. Die schmalen weißen Türme erinnern mich an Schloss Neuschwanstein. Das habe ich zwar noch nie besichtigt, aber ich hatte ein Puzzle mit 5.000 Teilen, vielleicht waren es auch 10.000 Teile, ich weiß es nicht mehr genau. Es war auf jeden Fall mein größtes unvollendetes Puzzle, ein Stück fehlte zum Schluss.

Dunrobin Castle Schottland

Die prunkvollen Räume sind wohnlich eingerichtet. In der Bibliothek stehen rund 10.000 Bücher und ein großer, alter Globus aus dem 19. Jahrhundert. Genau den hätte ich gerne in meiner Globensammlung.

Dunrobin Castle Bibliothek Dunrobin Castle Globus

Gerade noch vor der Sperrstunde um 16.00 Uhr bekomme ich einen Espresso in einem kleinen und sehr gemütlich eingerichteten Kaffeehaus.

Kaffeehaus Schottland Cafe in Schottland

Ich stoppe noch bei einem kleinen Friedhof, der die schottische Küste überblickt. Ein schöner letzter Ruheort.

Friedhof in Schottland